Neues Recht für Online-Shops ab 2022

Auf Händler, insbesondere auch alle Online-Shop-Anbieter kommen ab Januar 2022 einige neue rechtliche Regelungen zu. Das Kaufrecht wurde vom Gesetzgeber etwas umgekrempelt. Die Verbraucherrechte wurden weiter gestärkt. Viele Online-Shop Händler lassen ihre AGB auf Konformität mit der neuen Lage überprüfen. Praxisrelevant dürften vor allem AGB gegenüber Lieferanten sein, weil hier in gewissen Grenzen Abweichungen von den insbesondere verbraucherschützenden Regelungen erlaubt sind. Zudem gibt es zusätzliche Regelungen, die insbesondere Händler von digitalen Produkten oder von Produkten mit digitalen Elementen betreffen. Der Artikel soll einen kleinen Überblick geben, welche neue Regelungen Sie beachten müssen, wenn Sie einen Online-Shop führen bzw. Händler sind.

Warum schon wieder neue Regelungen?

Hintergrund der neuen Regelungen sind zwei neue EU-Richtlinien zum Warenverkauf und zum Vertragsrecht (die Warenkaufrichtlinie „WKRL“ sowie die Digitale Inhalte- und Dienstleistungen-Richtlinie „diD-RL“), die in allen Mitgliedstaaten der EU in nationales Recht umgesetzt werden sollen und ein hohes Verbraucherschutzniveau in der gesamten EU gewährleisten sollen. Insbesondere auch mit den speziellen neuen Regelungen zu digitalen Produkten und Produkten mit digitalen Elementen (wie Smart-Watches, Smart-Phones, alles, was smart ist…) soll das Kaufrecht an das digitale Zeitalter besser angepasst werden.

Was gilt ab 2022 für alle Online-Shop Betreiber und Händler?

Im Folgenden die wichtigsten Themen, die neu auf Online-Shop-Anbieter und Händler zukommen:

Die ewige Frage: Ist das ein Mangel ?

Viele Rechtsstreitigkeiten drehen sich um die Frage, ob der Verkäufer eine mangelhafte Sache verkauft hat, die dem Käufer dazu berechtigen, eine mangelfreie Sache zu verlangen oder falls das nicht möglich ist, vom Vertrag zurückzutreten oder zu mindern sowie gegebenenfalls Schadensersatz zu verlangen. Das neue Gesetz schraubt die Anforderungen an die Mangelfreiheit einer Sache höher. Eine Sache muss nun nicht nur wie bisher den vertraglichen Vereinbarungen (subjektive Anforderungen) entsprechen, sondern auch noch so beschaffen sein, wie es man von einem vergleichbaren Produkt erwarten kann und für die gewöhnliche Verwendung geeignet sein (objektive Anforderungen). Zu den subjektiven und objektiven Anforderungen zählt auch das Zubehör, die Anleitungen sowie die Verpackung. Sofern eine Montage erforderlich ist, muss diese sachgerecht durchgeführt worden sein, oder eine unsachgemäße Montage darf nicht auf einer unsachgemäßen Montage durch den Verkäufer oder einem Mangel der Montageanleitung beruhen (Montageanforderungen).

Worauf müssen Online-Shop Betreiber und Händler besonders achten?

Bereits jetzt lässt sich erahnen, dass es später mal Streitigkeiten darüber geben wird, was denn von einem vergleichbaren Produkt erwartet werden kann (objektive Anforderungen). Hier sollen nach der Gesetzesbegründung auch Werbeaussagen des Händlers eine Rolle spielen. Händler müssen daher in Zukunft genau aufpassen, welche Aussagen sie über ein Produkt treffen oder welche sie nicht treffen. Sofern ein Produkt vom üblichen Standard abweicht (oder auch um etwaige Streitigkeiten darüber bereits im Vorfeld auszuräumen) müssen die Abweichungen oder besonderen Merkmale dem Käufer mitgeteilt werden und er muss sich damit ausdrücklich einverstanden erklären. Bei Online-Shops müssen die Abweichungen in der Produktbeschreibung am besten hervorgehoben werden und der Käufer muss durch Anklicken eines nicht vorangekreuzten Kästchens sein Einverständnis erklären. Im B2B-Bereich müssen keine besonderen Formvorschriften beachtet werden. Hier muss vor allem nicht eine Extra-Einwilligung in Bezug auf die Abweichungen eingeholt werden.

Welche Rechte hat der Käufer bei einem Mangel?

Die Rechte des Käufers bei einem Mangel bleiben: er hat das Recht auf Lieferung einer mangelfreien Sache bzw. Mängelbeseitigung („Nacherfüllung“) oder wenn – das nicht möglich ist – darf er vom Vertrag zurücktreten, den Preis mindern und/oder Schadensersatz verlangen. Anders als bisher hat er die Rechte auf Rücktritt, etc. aber auch, ohne dass er dem Verkäufer eine Frist zur Nacherfüllung setzen muss. Es genügt hier die Mitteilung des Mangels durch den Kunden. Wenn der Verkäufer innerhalb einer „angemessenen Frist“ dem Mangel nicht beseitigt oder eine mangelfreie Sache liefert, kann der Käufer zurücktreten, mindern oder Schadensersatz verlangen.

Ab wann verjähren die Rechte des Kunden?

Im neuen Kaufrecht verjähren Mängelansprüche nach wie vor nach zwei Jahren ab der Ablieferung einer Sache. Neu ist aber, dass Gewährleistungsansprüche erst nach Ablauf von zwei Monaten nach dem erstmaligen Auftreten des Mangels verjähren. Zeigt sich ein Mangel beispielsweise am letzten Tag der zweijährigen Gewährleistungsfrist, so läuft sie noch zwei Monate weiter. Verkäufer sollten sich daher auf eine potentielle Gewährleistungszeit von 26 Monaten einstellen.

Wie lang muss der Verkäufer beweisen, dass die Sache bei Übergabe mangelfrei war?

Bislang wurde im Kaufrecht zugunsten des Verbrauchers sechs Monate lang vermutet, der Mangel habe bereits bei Gefahrenübergang einer Sache vorgelegen. Dieser Zeitraum wird ab 2022 auf zwölf Monate erweitert. Verkäufer müssen künftig also ab Übergabe ein ganzes Jahr lang beweisen, dass die Kaufsache mangelfrei war oder die Gewährleistungsansprüche (Nacherfüllung, Minderung, Rücktritt, Schadensersatz) erfüllen.

Sonderbestimmungen für Garantien (§ 479 BGB)

Garantieerklärungen müssen auch ohne ausdrückliches Verlangen des Kunden auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung gestellt werden. Der Kunde muss außerdem darüber informiert werden, dass neben der Garantie Gewährleistungsrechte bestehen, die von der Inanspruchnahme der Garantie unberührt bleiben und deren Inanspruchnahme unentgeltlich ist.

Spezielle Regelungen für den Verkauf von digitalen Produkten

Für den Verkauf von digitalen Produkten (Software, Apps, Streaming-Dienste, E-Books, etc. wurde eine neue Vertragsart eingeführt: der Verbrauchervertrag für digitale Produkte. Bei diesem gelten spezielle Gewährleistungsregeln.

Für rein digitale Elemente gelten dabei andere Regeln als für Waren mit digitalen Elementen. Waren mit digitalen Elementen sind zB. digitale Haushaltsgeräte, Smartwatches, digitale Sprachassistenten und W-LAN Router.

Regelungen für Waren mit digitalen Elementen

Aktualisierungspflicht

Für Waren mit digitalen Elementen gilt im Hinblick auf einen Mangel zunächst das Gleiche wie bei analogen Produkten. Zusätzlich ist der Händler jedoch verpflichtet, Aktualisierungen (Updates) zur Verfügung zu stellen. Hier gilt auch wieder die subjektive Komponente, also das, was zwischen den Parteien vereinbart wurde als auch die objektive Komponente, also dass was man üblicherweise von einer Ware gleicher Art erwarten kann. Die Update-Pflicht bezieht sich auf die Funktionalität und Sicherheit. Nicht umfasst sind Upgrades. Hierzu ist der Händler nicht verpflichtet. Hinzu kommt außerdem die Pflicht des Händlers, über ein Update zu informieren. Auf welchen Zeitraum sich die Aktualisierungspflicht erstreckt, ist unklar.

Abweichende Vereinbarungen bzgl. der objektiven Beschaffenheit, einschließlich der Aktualisierungspflicht sind auch hier zulässig. Jedoch gilt auch hier, dass der Käufer darüber in Kenntnis gesetzt werden muss und sein ausdrückliches Einverständnis erklärt (zB. durch nicht vorangekreuztes Häkchen im Bestellprozess).

Für Käufe, die eine dauerhafte Bereitstellung von digitalen Inhalten (zB über eine Cloud) zum Gegenstand haben, gilt, dass die digitalen Inhalte, soweit nichts anderes vereinbart ist, mindestens zwei Jahre bzw. so lange wie vereinbart, vom Verkäufer bereitgestellt werden müssen. Während dieser Zeit müssen auch Updates zur Verfügung gestellt werden.

Verjährung

Bei einem Verbrauchsgüterkaufvertrag über eine Sache mit digitalen Elementen, bei denen Händler und Verbraucher einen Bereitstellungszeitraum für die digitalen Elemente vereinbaren, gilt für die digitalen Elemente zwar grundsätzlich auch eine zweijährige Verjährungsfrist ab Ablieferung der Kaufsache. Wird allerdings ein Bereitstellungszeitraum von mehr als zwei Jahren vereinbart, beginnt die Verjährung in jedem Fall erst nach Ablauf dieses vereinbarten längeren Bereitstellungszeitraums.

Ähnliches gilt im Zusammenhang mit Aktualisierungspflichten bei Kaufsachen mit digitalen Elementen: Ist der Händler verpflichtet, gesetzliche Updates (§ 475b Abs. 4 BGB-NEU) oder vertragliche Updates (§ 475b Abs. 3 BGB-NEU) für einen gewissen Aktualisierungszeitraum zur Verfügung zu stellen, so verjähren Ansprüche wegen der Verletzung der Aktualisierungspflichten mit dem Ablauf des Aktualisierungszeitraums.

Verlängerung der Beweislast

Die Beweislast für das Vorhandensein eines Mangels wird bei Sachen mit digitalen Elementen gilt, dass für die Dauer der Bereitstellung, mindestens aber für die Dauer von zwei Jahren ab Gefahrübergang, wird vermutet, dass der Mangel bereits während der bisherigen Bereitstellung bestanden hat.

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