Sommerzeit ist Festivalzeit. Aber dieses Jahr sieht alles etwas anders aus. Zahlreiche Veranstaltungen, Festivals und Messen wurden aufgrund des Corona-Virus abgesagt. In dem Ausmaß gab es das noch nie. Doch wie sieht es rechtlich aus, wenn Veranstaltungen abgesagt werden: Können Besucher ihr Geld für die Tickets zurückbekommen? Wer zahlt die Hotel- und Reisekosten? Darf der Veranstalter die Veranstaltung verschieben? Wer haftet?
Wird eine Veranstaltung abgesagt, ist zunächst mal für die Beantwortung dieser Fragen entscheidend, aus welchem Grund die Veranstaltung abgesagt wurde. Wenn unvorhergesehene, von außen kommende und außergewöhnliche Ereignisse der Grund sind, weshalb eine Veranstaltung nicht stattfinden kann, liegt ein Fall von „höherer Gewalt“ vor. So auch beim Corona-Virus, der zudem dazu führte, dass Veranstaltungen aufgrund behördlicher Anordnung untersagt wurden. Rechtlich gesehen ist die Durchführung der Veranstaltungen damit unmöglich geworden (§ 275 BGB).
Im Falle höherer Gewalt oder bei behördlicher Anordnung trifft den Veranstalter für die Absage keine Schuld. In solchen Fällen liegt auch keine Schadensersatzpflicht des Veranstalters vor, weil Schadensersatz immer voraussetzt, dass der andere Schuld ist. Aber unabhängig von der Frage nach der Schuld sind alle Verträge rückabzuwickeln. Das bedeutet, dass bereits geleistete Zahlungen an den Veranstalter von diesem zurückzugewähren sind: Besucher bekommen den Ticket-Preis zurück, Aussteller die Standgebühren. Zwar haben einige Veranstalter in ihren AGB geregelt, dass kein Rückzahlungsanspruch besteht, wenn ein Fall von höherer Gewalt vorliegt. Solche Klauseln sind jedoch nach höchstrichterlicher Rechtsprechung unwirksam. Der Rückzahlungsanspruch besteht in jedem Fall, und zwar drei Jahre ab Ende des Jahres, in dem die Veranstaltung abgesagt wurde. Das ist die regelmäßige Verjährungszeit für gesetzliche Ansprüche. Besucher könnten somit bei Absagen aufgrund des Corona-Virus ihr Ticket bis zum 31.12.2023 erstattet verlangen.
Viele Veranstalter bieten Gutscheine an. Doch darauf müssen sich Besucher – jedenfalls nach aktueller Lage – nicht einlassen. Sie können ihr Geld zurückverlangen. Allerdings ist derzeit ein neuer Gesetzesentwurf in Diskussion, nach dem es anstatt Bargeld Gutscheine geben soll, wenn Veranstaltungen aufgrund der Corona-Krise abgesagt werden und die Tickets vor dem 08. März 2020 gekauft wurden. Die Regelung soll für Freizeitveranstaltungen und Kurse, wie z.B. Festivals, Konzerte, Kurse, Abonnements wie z.B. für das Fitness-Studio und ähnliches gelten. Berufliche Veranstaltungen, wie Fortbildungen und Fachmessen sollen davon ausgenommen sein. Ob das geplante Gesetz tatsächlich in Kraft tritt, ist noch nicht absehbar. Solange das Gesetz jedoch nicht verabschiedet ist, können Besucher ihr Geld zurückverlangen.
Auch Verträge mit beauftragten Dienstleistern werden aufgelöst und rückabgewickelt, es sei denn die Veranstaltung wird verschoben. Doch wie sieht es eigentlich mit einer Verschiebung aus? Darf der Veranstalter einen neuen Termin für die Veranstaltung bestimmen? Besucher sowie Aussteller müssen eine Verschiebung jedenfalls nicht hinnehmen, wenn ein bestimmter Termin vereinbart war und die Teilnahme an dem neuen Termin nicht zumutbar ist, weil zum Beispiel der neue Termin nicht passt. Etwas anderes kann gelten, wenn von vornherein kein fester Termin geplant war. Viele Veranstalter haben in ihren AGB geregelt, dass ein Rückzahlungsanspruch nur besteht, wenn die Veranstaltung generell abgesagt wird, nicht aber wenn sie verschoben wird. Auch solche Klauseln sind jedenfalls nach Auffassung der Verbraucherzentralen unwirksam.
Häufig haben Besucher, Aussteller und andere Vertragspartner nicht nur Geld für das Ticket investiert, sondern auch Hotel und Fahrkarten gebucht sowie möglicherweise weitere im Zusammenhang mit der Veranstaltung stehende Kosten investiert. Solche Kosten zählen zum Schadensersatz. Wird die Veranstaltung abgesagt, ohne dass den Veranstalter eine Schuld trifft – wie zum Beispiel aufgrund der behördlichen Anordnung im Corona-Fall – so ist der Veranstalter nicht dazu verpflichtet, weitere Kosten, wie Fahrt- und Hotelkosten zu ersetzen bzw. Schadensersatz zu leisten. Immerhin bietet die Deutsche Bahn sowie einige Fluggesellschaften Kulanzlösungen an. Werden Flüge von Seiten der Fluggesellschaft gestrichen, zum Beispiel aufgrund einer Reisewarnung, dann bekommt man das Geld von der Fluggesellschaft erstattet. Anders sieht es bei den Hotelkosten aus: wenn das Hotel einzeln gebucht wurde, hat man in der Regel keinen Anspruch auf Rückerstattung der Hotelkosten. Das gilt sowohl für das In- als auch für das Ausland. Nur wenn Hotel und Veranstaltung als Paket gebucht wurden, ist die Sache anders. Dann bekommt man auch die Hotelkosten vom Hotel wieder.
Wird eine Veranstaltung abgesagt, ohne dass ein Fall der „höheren Gewalt“ vorliegt, so haftet der Veranstalter für alle Kosten bei einer Absage. Dann muss er nicht nur die Kosten für das Ticket zurückerstatten, sondern auch Fahrt- und Hotelkosten oder Standgebühren für Aussteller.
Bitte beachten Sie, dass sich die Ausführungen nur auf die rechtliche Situation in Deutschland beziehen.