Urheberrecht: Darf ich Kunstwerke als Vorlage benutzen?

zeichnung

Welcher Künstler kennt das nicht – auf der Suche nach einem Motiv lässt man sich gerne einmal von den Kunstwerken anderer Künstlern inspirieren. Die Frage, die sich dann stellt ist, darf ich diese ohne Erlaubnis des Künstlers benutzen? Bzw. wann liegt eine Verletzung des Urheberrechts vor? Dieser Artikel soll einen Einblick über die Grenzen zwischen einer zulässigen freien Benutzung eines Kunstwerks als Vorlage und einer zustimmungspflichtigen Bearbeitung vermitteln.

Übernimmt ein Künstler Elemente aus dem Werk eines anderen Künstlers, kann entweder eine „Bearbeitung“ bzw. „Umgestaltung“ (§ 23 UrhG) oder aber eine „freie Benutzung“ (§ 24 UrhG) vorliegen. Bei einer Bearbeitung oder Umgestaltung ist stets die Zustimmung des Urhebers des Originalwerks erforderlich. Liegt diese nicht vor, liegt eine Urheberrechtsverletzung vor, die für den Bearbeiter teuer werden kann. Nur bei einer freien Benutzung darf das neue Werk ohne Zustimmung des Urhebers veröffentlicht und verwertet werden.

Die Frage, wann eine erlaubnisfreie Benutzung oder eine zustimmungspflichtige Bearbeitung oder Umgestaltung vorliegt, ist nicht immer leicht zu beantworten. Die Grenzen liegen nah beieinander. Die folgenden Überlegungen dienen bei der Beantwortung als Anhaltspunkte:

Sind die Elemente aus dem Originalwerk urheberrechtlich geschützt?

Zunächst ist zu klären, ob es sich bei den übernommenen Elementen des Originalwerkes überhaupt um Merkmale handelt, die urheberrechtlich geschützt sind. Es muss sich um vom Urheber eingebrachte individuelle Merkmale handeln. Hat z.B. ein Künstler eine Katze mit 5 Beinen gemalt, so stellen die 5 Beine eine individuelle Schöpfung des Urhebers dar, die schutzfähig ist. Die Übernahme ungeschützter Elemente, wie z.B. die Zeichnung einer gewöhnlichen Katze mit 4 Beinen, ist frei.

Welche Voraussetzungen müssen gegeben sein, damit ich das Originalwerk frei benutzen darf?

Sofern schutzfähige Elemente aus dem Original übernommen werden, hängt die Frage, ob eine Zustimmung des Urhebers erforderlich ist, von dem Umfang ab, in dem die Elemente übernommen werden. Eine freie Benutzung liegt vor, wenn das Originalwerk nur als Anregung dient und ein selbständiges Werk entsteht. Die Rechtsprechung spricht davon, dass „angesichts der Eigenart des neuen Werkes die entlehnten eigenpersönlichen Züge des geschützten älteren Werkes verblassen“. Es sollte also ein möglichst hohes Maß an Individualität in das neue Werk eingebracht werden, damit es den geforderten Abstand zum Original einhält.

Dies kann auch in der Weise geschehen, dass sich das neue Werk deutlich inhaltlich mit dem Originalwerk auseinandersetzt (z.B. Parodie, Karikatur). Man spricht dann von einem „innerem Abstand“ zum Original. Damit soll vor allem die künstlerische Freiheit gewahrt werden, sich in satirischer Form mit anderen Kunstwerken auseinanderzusetzen. Die Rechtsprechung setzt in dem Fall allerdings strenge Anforderungen, um einem Mißbrauch entgegenzutreten.

Wann liegt eine zustimmungspflichtige Bearbeitung bzw. Umgestaltung des Originalwerks vor?

Eine Bearbeitung bzw. Umgestaltung liegt demnach vor, wenn das neue Werk keinen ausreichenden Abstand zum Originalwerk hält, d.h. wenn das Werk nicht in ausreichendem Maße neue individuelle schöpferische Züge enthält. Unabhängig davon, ob eine Zustimmung des Urhebers besteht, entsteht bei einer Bearbeitung in der Regel ein neues selbständiges Werk, das ebenfalls urheberrechtlich geschützt ist. Allerdings darf das Werk ohne Zustimmung des Urhebers nicht verwertet werden.

Es ist also zu fragen, was macht das Werk aus? Welche charakteristischen Merkmale? Wenn sich diese im neuen Werk wiederfinden, ohne dass sie aufgrund neuer schöpferischer Merkmale in den Hintergrund treten, ist in der Regel von einer zustimmungspflichtigen Bearbeitung oder Umgestaltung auszugehen. Ein Gericht wird im Zweifel prüfen, wie viele Übereinstimmungen es zwischen den Werken gibt und nicht wie viele Unterschiede.

Beispiele aus der Rechtsprechung

Im Folgenden sollen einige Beispiele aus der Rechtsprechung dazu dienen, ein Gefühl dafür zu vermitteln, wann die Rechtsprechung von einer freien Benutzung eines Originalwerks ausgegangen ist und in welchen Fällen sie eine Bearbeitung bzw. Umgestaltung angenommen hat:

In dem Fall „Asterix-Persiflagen“ (BGH, Urteil v. 11.03.1993, Az.: I ZR 264/91) hatte der BGH mehrfach zu prüfen, ob eine Urheberrechtsverletzung oder eine freie Benutzung vorliegt. Hier einige Auszüge:

Wie man erkennt, sind die Grenzen zwischen einer zustimmungspflichtigen Bearbeitung bzw. Umgestaltung (mit der Folge einer Urheberrechtsverletzung, wenn keine Zustimmung vorliegt) und einer erlaubnisfreien Benutzung sehr eng. Pauschale Aussagen lassen sich diesbezüglich leider nicht treffen. Letztlich hängt es immer von der Entscheidung des Gerichts ab.

Für eine erste Einschätzung könnte die folgende Checkliste hilfreich sein.

Checkliste:

  • Sind die Elemente, die ich aus dem Originalwerk übernehmen will, gewöhnlich und alltäglich ?
  • Habe ich neue individuelle schöpferische Merkmale in das Werk eingebracht, die das Werk beherrschen?
  • Ist das Originalwerk nicht mehr erkennbar?
  • Habe ich mich deutlich inhaltlich, z.B. in Form einer Parodie mit dem Originalwerk auseinandergesetzt?

Die positive Beantwortung der Fragen spricht jeweils dafür, dass eine freie Benutzung des Originalwerks vorliegt und keine Zustimmung des Urhebers erforderlich ist. Im Zweifelsfall sollte die Einschätzung eines Anwalts eingeholt werden.

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